Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs suchten viele in Deutschland einen Neuanfang – auch in der Kunst.
Viele Künstler, die unter Arbeitsverbot gelitten hatten, gar als „entartet“ gegolten hatten, konnten sich nun wieder frei entfalten. Es kam in der Kunst zu einer neuen Vielfalt und Neugierde, teils noch verhalten, teils wie ein Befreiungsschlag.
Um diesen Kräften einen Mittelpunkt zu geben, eröffnete der 34jährige Rudolf Dehnen am 14. Juli 1946 in Göttingen die „Göttinger Galerie“. Vor dem Krieg hatte er Evangelische Theologie, Zeitungswissenschaften, Neue Deutsche Geschichte und Kunstgeschichte studiert, den Krieg als Funker überlebt. Bis 1948 wird dann in Göttingen mit teilweise monatlich wechselnden Ausstellungen die Kraft neuer Bilder gesucht. „Wartet auch die Jugend auf das NEUE WERK? Wird sie, die künstlerisch – wenn überhaupt – im Stil des „Haus der Deutschen Kunst“ erzogen wurde, bereit sein zu Sehen, zu Ahnen, zu Glauben? Wird die Kunst ihr Wegbereiter und Wegbegleiter sein können?” So formulierte Rudolf Dehnen im ersten kleinen Katalog die Aufgabe der Künstler in der sich neu orientierenden und bildenden deutschen Gesellschaft nach der Stunde Null.
Und weiter: „Vor dem regelmäßigen Besucher unserer Ausstellungen wird sich dann das Bild der Malerei, Graphik und Plastik von Monat zu Monat in neuen Formen und Farben ausbreiten. Dieses Bild wird anders aussehen als wir es anderthalb Jahrzehnte gesehen haben. Nicht der »Geschmack«, das »Ästhetische« allein, das »Wohnzimmerbild« gar und »Kraft durch Freude« sind die Richter – das verdichtete seelische Erlebnis, Traum und Wirklichkeit, Höhe und Abgrund, Stille, Rausch und Explosion, Bewahrung und Experiment: Die Kunst! So wir das Ziel wissen, haben wir den Weg bereitet. Alle Freunde, alle Wartenden, alle sind aufgefordert, mit uns zu gehen.“
Mit vielfältigen Exponaten – über 50 Kunstwerken aus der Zeit von 1945 – 1948 und vielen Dokumenten aus dem Nachlass des 2002 verstorbenen Galeristen – wird in dieser Ausstellung beispielhaft deutlich, wie der Einzelne mit seiner Kraft und seinen Ideen sich für die Kunst und mit der Kunst für eine humane Gesellschaft einsetzen kann. Ganz im Sinne Otto Pankoks, für den diese Haltung elementar war.
Rudolf Dehnen, den eine Freudschaft mit der Familie Pankok verband, war nicht nur Galerist, sondern auch Herausgeber von Kunstbänden. Ein Großteil der Buchveröffentlichungen der Werke Otto Pankoks sind Dehnens Verlagsaktivitäten zu verdanken. So erschien unter anderem auch die Holzschnittserie „Die Passion“, deren Erstellung Pankok 1936 den Status als „Entarteter Künstler“ einbrachte, 1982 bei Dehnen im Verlag.